Wenn ein über 250 Jahre altes Gebäude Abnutzungserscheinungen zeigt, aber unter strengster Bewachung der Denkmalschutzbehörde steht, sind Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen mit industriellen Serienprodukten so gut wie ausgeschlossen. Hinzu kommt ein in breiten Bevölkerungskreisen zunehmendes Bewusstsein für traditionelle und geschichtliche Werte. Der Aufwand, diese zu bewahren, ist mitunter gewaltig und eine Herausforderung für Industrie, Planung und Handwerk. Ein Beispiel ist das Wilhelmsgymnasium im Münchner Stadtteil Lehel.
Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex wurde zwischen 1875 und 1877 nach den Plänen des Königlichen Oberbaurats und Architekten Carl von Leimbach im Stil der Neorenaissance errichtet. Die Liste ehemaliger Schüler liest sich wie ein „who-is-who“ der deutschen Kultur-, Politik- und Wissenschaftsgeschichte: Neben berühmten Schriftstellern wie Ludwig Thoma, Lion Feuchtwanger oder Ödön von Horváth finden sich hier der Hygiene-Wissenschaftler Max von Pettenkofer sowie prominente Namen wie Konstantin Wecker, Jonas Kaufmann oder Julian Nida-Rümelin. Als ältestes Gymnasium Oberbayerns unterrichtet das Wilhelmsgymnasium seit annähernd 450 Jahren in klassisch-humanistischer Bildungstradition und zählt heute in Bezug auf Lernerfolg, Umfeld und Leistung zu einem der besten Gymnasien in Bayern.
Der historische Gebäudekomplex, der nach dem zweiten Weltkrieg mit weiteren, neu errichteten Gebäudeteilen ergänzt wurde, gehört neben dem „Max II“-Monument und dem Bayerischen Landtag zum historischen Ensemble der Münchner Maximilianstraße.
Im Rahmen einer Generalsanierung wurde das Gebäude zwischen 2015 und 2019 instandgesetzt, umgebaut und um mehrere Unterrichtsräume sowie eine unterirdische Einzelsporthalle mit Pausenhalle erweitert. Dabei wurden die denkmalgeschützte Fassade sowie das Treppenhaus so originalgetreu wie möglich restauriert.
Die denkmalgerechte Sanierung des Treppenhauses war eine besondere Herausforderung, da der Bodenbelag des Gymnasiums aufgrund der hohen Frequentierung Tag für Tag stark beansprucht wird. Als besonders problematisch stellte sich heraus, dass in den verschiedenen Stockwerken unterschiedliche, teils nicht tragfähige Untergründe wie beispielsweise ein Ziegelgewölbe mit Schüttung vorhanden waren; zudem gab in verschiedenen Bereichen des Treppenhauses Höhendifferenzen.
Als Experte für die Replikation von Feinsteinzeugfliesen fertigte Zahna-Fliesen in Absprache mit dem Architekten, dem Bauherren und der Denkmalschutzbehörde eine Fliese, die dem Originalbelag exakt nachgebildet wurde. So entwickelten im werkseigenen Labor Keramik-Ingenieure die Farbe „orientrot“, die mit der Standardfarbe „weiß uni“ aus dem Historic-Sortiment des Herstellers kombiniert wurde. Für die Produktion der Fliese wurde außerdem ein spezielles Werkzeug hergestellt.
Das Rot-Weiß-Muster des Feinsteinzeug-Belags als drei bis fünf Millimeter dicke Nutzschicht ist dauerhaft abriebbeständig
Das Dekor der in Manufaktur hergestellten Repliken wurde nicht wie bei vielen heutigen Industriefliesen als Oberflächendruck erstellt, sondern als drei bis fünf Millimeter dicke Nutzschicht. Dadurch ist das effektvolle Rot-Weiß-Muster des Feinsteinzeug-Belags dauerhaft abriebbeständig, was bei einem im wahrsten Sinne aufreibenden Schulbetrieb eine wichtige Voraussetzung ist.
Insgesamt wurden im Treppenhaus des Wilhelmgymnasiums 3 000 Fliesen verlegt, was einer Fläche von 120 Quadratmetern entspricht. Die Verlegung der projektspezifisch gefertigten Zahna-Fliesen im Format 20 x 20 cm erfolgte unter Einsatz von flexiblen Fliesenklebern auf einer Entkoppelungsmatte.