Berlin ist nicht nur deutsche Hauptstadt als politisches Zentrum, sondern gilt als pulsierender Treffpunkt der internationalen Kunst- und Kulturszene. Doch ausgerechnet die so lebendige Bundeshauptstadt verfügte lange über ein karges, durch Baustellen geprägtes Bahnhofsgelände. Um den angrenzenden Washingtonplatz städtebaulich zu komplettieren und dessen prominenter Lage gerecht zu werden, schuf das dänische Architekturbüro 3XN einen Solitär aus Glas mit einer Breite, Höhe und Länge von jeweils 42,5 Metern.
Der „Cube“ setzt, diagonal auf dem Vorplatz platziert, mit seiner nach innen gefalteten Glasfassade neue architektonische Maßstäbe und zieht die Blicke von Besuchern wie Einwohnern auf sich. Mit dem hochtechnisierten würfelförmigen Bürokomplex, erhebt sich ein auffälliges zehngeschossiges Gebäude auf dem Berliner Bahnhofsgelände, das sich deutlich von den repetitiven Rasterfassadenhäusern abhebt, die hier in den vergangenen Jahren entstanden sind. Als Teil des 40 Hektar großen Stadtquartiers Europacity wurde das ambitionierte Projekt nach einigen planerischen Hürden in drei Jahren Bauzeit abgeschlossen und stellt dank der außergewöhnlichen Bauweise eine neue Sehenswürdigkeit in Spreenähe dar.
Der freistehende verdrehte Würfel mit einer nach innen gefalteten asymmetrischen Glasfassade hat keine Rückseite und strahlt in jede Richtung des Washingtonplatzes. „Der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und dem Baukollegium war es wichtig, dass das Gebäude nicht wie ein klassisches Bürogebäude aussieht, man sollte die einzelnen Stockwerke an der Fassade nicht ablesen können. Christos Verhüllungen haben uns hier inspiriert“, beschreibt Architekt Kim Herforth Nielsen. „Das äußere Raffinement liegt in der ästhetischen Schärfe, die die Glasfassade erzeugt. Die besondere Glastextur ist eine technische Leistung: Das Glas erscheint nicht flach, sondern hat eine Tiefe. Insgesamt wirkt die monolithische Architektur also doch in gewisser Weise zersplittert“.
Dank des raffinierten Entwurfs wird der „Cube“ zur überdimensionalen Spiegelskulptur und verwandelt einfallende Sonnenstrahlen in ein echtes Lichtspektakel, das an einen türkisfarbenen Schmetterling erinnern. Die Halbtransparenz lässt die Silhouetten der Menschen im Inneren erkennen, während eine spezielle Solarbeschichtung auch im Sommer für angenehmes Raumklima sorgt. „Wir wollten eine einheitliche Umhüllung erreichen, um die skulpturale Wirkung zu betonen. Deshalb haben wir reflektierendes Glas verwendet, kein transparentes, da dann die Form verschwunden wäre“. Im Ergebnis wirkt das Gebäude deshalb wie ein riesiges Kaleidoskop für die Passanten, so die Interpretation von 3XN Architekt Torben Østergaard.
Während das Untergeschoss gastronomischen Angeboten vorbehalten ist, wurden auf den oberen Etagen großzügige Büroflächen angelegt. Zu den Mietern gehören unter anderem die Deutsche Bahn und das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup. Eine Besonderheit sind die über die Glasfassade verteilten Terrassen, die einen spektakulären Blick auf Berlin bieten. Die Inneneinrichtung aus Teppichen, Möbeln und Farben wählen die Mieter selbst und sind so in der Lage, ihre Räumlichkeiten individuell und den persönlichen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten.
Neben seiner beeindruckenden Erscheinung hebt sich der ressourcenschonend und energieeffizient ausgelegte Glaswürfel auch durch seine intelligente Gebäudetechnik hervor. Der voll digitalisierte Bürokomplex gehört zu den ersten „Smart Commercial Buildings“ der Welt und steuert sich quasi selbst. Mehrere tausend Sensoren sorgen dabei für einen reibungslosen Ablauf. Die eigene App weiß beispielsweise, wie viele Menschen sich gerade im Büro aufhalten und regelt die Raumtemperatur entsprechend oder zeigt den bestgelegenen Parkplatz in der Tiefgarage an. Auch Fahrstuhl, Licht und Jalousien werden über künstliche Intelligenz gesteuert. „Das Haus sammelt Daten für einen „Learning Circle“. Die Daten werden in einem Server gespeichert, dem „Cube-Gehirn“, und miteinander verbunden. Das Besondere ist aber nicht, was das Haus im Moment kann, sondern dass seine Funktionen sich über die Zeit justieren lassen. Langfristig kann das Haus den Nutzern Interessantes über sie erzählen, in Zeiten des Datenschutzes sicher nicht unumstritten. Wenn abends nur wenige Leute im Gebäude sind, könnten diese zum Beispiel zusammenrücken, um Licht und Wärme zu sparen. So kann das Haus auf soziale Interaktionen einwirken, sinniert Architekt Torben Østergaard. Die Frage sei jedoch, ob die Nutzer Lust haben, mit ihren Daten teilzunehmen.
Bauträger des zu Beginn des 21. Jahrhunderts geplanten Geschäftshauses war die Firma CA Immo. Die Baukosten sollen rund 100 Millionen Euro betragen haben. Die Fertigstellung verzögerte sich infolge der Finanzkrise des Jahres 2008 um viele Jahre, der Baubeginn erfolgte erst im Jahr 2017 und wurde im Februar 2020 beendet.